Gerade erst vom Snowboarden und Silvesterfeiern in Klinovec, Tschechien zurück, sitze ich am 2. Januar bereits um 2 Uhr morgens im Auto in Richtung Alpen. Zum Glück fährt Martin den Großteil der Strecke.
Morgens erwartet uns das leuchtend weiße Raurisertal. Am Parkplatz holt uns der Hüttenwird der Sonnblickbasis ab und schafft mit seinem Pickup unsere zwölf Taschen voll mit Ausrüstung auf 1600m. Dort liegt die idyllische Hütte eingebettet von gut einem Dutzend Eisfällen. Der Eisarena Kolm-Saigurn.
Die Hütte wird uns knapp fünf Tage als Basislager dienen, um die zahlreichen, maximal 20 Gehminuten entfernt liegenden Eisfälle zu erklimmen. Noch am selben Vormittag machen wir uns auf in den sogenannten „zweiten Graben“, zum Einschwingen im Schwierigkeitsgrad WI3.
Die Packliste für ein paar Tage Eisklettern gleicht einer kleinen Expedition. Klettergurt, Exen, eine Hand voll Eisschrauben, Eisgeräte, Steigeisen, Helm, Bandschlingen, zwei Halbseile, unterschiedliche Karabiner, …, und natürlich jede Menge warmer Kleidung, teils in mehrfacher Ausführung. Also alles in einen Rucksack packen, etwas Verpflegung mitnehmen, rein in die Schneeschuhe und los geht’s.
Nach nur knapp 15 Minuten erreichen wir den Eisfall Cascadi und Vegetari und mustern das bläuliche Eis. Schaut gut aus. Benny und Martin machen sich auch gleich an den ersten Vorstieg.
Drei unterschiedliche Linien begehen wir an den beiden Eisfällen. Der untere hätte zwar noch mehr zu bieten, weist aber in der Mitte schon deutliche Löcher auf. Das warme Wetter der letzten Tage fordert seinen Tribut.
Wir umgehen die fragwürdigen Stellen und kommen so richtig in Fahrt. Erst nachdem jeder über zehn Routen von 20-30 Meter gestiegen ist und die Sonne gegen 16 Uhr beginnt unterzugehen, machen wir uns auf den Rückweg.
Schneechaos
Am zweiten Tag geht es mit den Schneeschuhen knapp 150 Höhenmeter aufwärts. Südöstlich der Hütte liegt der Barbara-Eisfall, welchen wir nach 20 Minuten Tiefschnee Stapfen erreichen. Das Eis ist deutlich weniger löchrig als gestern, jedoch liegt recht viel Schnee auf dem Fall. Zum Vorstieg kommt also hin und wieder noch etwas Schnee-Schaufeln hinzu.
Ich mache mich an die rechte Flanke, während Benny heute die Mitte einrichtet. Dank gebohrtem Umlenker muss ich mich nicht lange mit dem einrichten eines Standplatzes aufhalten und Micha lässt mich direkt wieder ab.
Zur Mittagspause machen wir noch eine kleine Übung mit den LVS-Geräten (Lawinenpipser). Im Ernstfall soll es ja schnell gehen und nicht erst die Anleitung ausgepackt werden… Am Ende graben wir das Gerät recht zuverlässig aus.
Der Nachmittag bringt noch einmal ordentlich Neuschnee, was nicht nur das Eisklettern erschwert, sondern auch unsere Spuren von Vormittag wieder komplett eingeschneit hat. Zwischen uns und dem gemütlichen Hüttenabend liegen also noch einmal ein knapper Kilometer Tiefschnee.
Die Hütte Sonnblickbasis ist der perfekte Ausgangspunkt zum Eisklettern. Nicht nur ist die Gegend sehr zuverlässig was die Eisfälle angeht, der Hüttenwirt Hermann kümmert sich hervorragend um das leibliche Wohl. Dank Halbpension wird uns Abends stets ein Drei-Gänge Menü aufgetischt.
Krönender Abschluss eines jeden Klettertages im „Kühlschrank“ bietet die Hauseigene Sauna.
Es taut!
Die letzten beiden Tage wird es nass. Wir bekommen durchgehend Temperaturen über null Grad, was den Eisfällen ziemlich schnell zusetzt. Das Eis ist dadurch weicher, die Pickel lassen sich dadurch zwar mit weniger Kraft positionieren, sind aber auch instabiler. Wir machen uns noch an die Fälle „Golling’s Cakewalk“ und „Just yak it“ (WI4 / WI4-) und den Kolm-Sai Hauptfall (WI4+).
Noch ein guter Grund zum Eisklettern im Raurisertal: der künstliche Eisturm, direkt vor der Hütte. Zum warm klettern am Vormittag, oder für eine Runde nach dem Abendessen wärmstens zu empfehlen. Oder eben… nach der Sauna…
Das Kolm-Saigurn – Tal der Gesetzlosen – hat uns begeistert. Wir verlassen es mit zahlreichen neuen Erfahrungen, guten Erinnerungen, neuen Bekanntschaften und nicht, ohne auf eine Rückkehr zu schwören.
Bergsteigen ist nicht der einzige Weg um einer überorganisierten, bemutternden
Gesellschaft zu begegnen, aber es ist ein sehr guter Weg. – Woodrow Wilson Sayre
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