Wir erwachen mitten in den südlichen Alpen. Umgeben von einer fantastischen Bergkette, allen voran beobachtet vom König Ortler, gehen wir unserer Morgenroutine nach.
Wie üblich brauchen wir eine knappe Stunde um alles zu erledigen und mit gepackten Rädern den Platz zu verlassen. Die erste halbe Stunde beginnt noch sehr gelassen, auf einem ausgebautem Radweg. Bevor wir uns jedoch an die Höhenmeter wagen, wir haben heute einige davon zu überwinden, gönnen wir uns ein ordentliches Frühstück. Eier mit Speck, Tiroler Schinken und italienischer Kaffee dient uns heute als Treibstoff. Gestärkt machen wir uns ans Werk.
Über den Umbrailpass
Bergauf entlang von hohen Wiesen und zahlreichen Bergbauern schlängelt sich der Weg in die Schweiz. 15 Kilometer später erreichen wir Santa Maria. Wir haben Italien kurzzeitig nochmal verlassen. Den weiteren Weg Richtung Süden könnten wir zwar auch durch die Täler zurück legen, aber wie oft bekommt man wohl die Chance den höchsten Straßenpass der Schweiz mir dem Rad zu bezwingen und im Anschluss nach Bormio abzufahren.
Also machen wir uns ans Werk. 30 Kilometer lang schlängelt sich der Pass bis auf 2500m hinauf. Beeindruckend, das er bereits im 19. Jahrhundert gebaut wurde. Kehre für Kehre schwingen wir uns langsam aber kontinuierlich im ersten Gang nach oben. Anfangs zählen wir die Kehren noch, verlieren jedoch irgendwann den Überblick.
Nach einem guten Drittel begrüßt uns eine Einkehr. Diese Chance lassen wir uns nicht entgehen und bringen kurzerhand unseren Zuckerspiegel wieder auf Vordermann, bevor wir über die Baumgrenze dem Bergbach folgen.
Auch die nächsten Stunden gibt es nur eine einzige Richtung: Bergauf.
Unsere Fahrt wird nur von einer kurzen Abkühlung im Bach unterbrochen.
Bei 2000m über N.N. fangen wir an intensiv die Höhenmeter zu beobachten. Die Waden wehren sich langsam etwas, doch die auf dem Boden gemalten Motivationsrufe für ehemalige Profi Radsportler lassen uns glauben das es nicht mehr weit sein kann.
Tatsächlich erreichen wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich den höchsten Punkt des Passes und blicken in Richtung Italien. Jetzt noch fix das „Gipfel“-Foto, dann geht’s zusammen mit zahlreichen Teilnehmern eines Hobby-Radrennens mit bis zu 68 Sachen wieder ins Tal hinab. Nach der ganzen Anstrengung ist die Abfahrt ein purer Genuss, dennoch viel zu kurz. Wenige Minuten später stehen wir in Bormio und sind auf der Suche nach einer Erfrischung und neuem Brennstoff.
Damit werden wir zwar fündig, der vorher markierte Campingplatz macht es allerdings nicht so einfach. Erst fahren wir kurzerhand vorbei und müssen wieder drei Kilometer aufsteigen, dann stellt sich heraus das er geschlossen ist. Egal wir schlagen unser Zelt auf und entspannen endlich die beanspruchten Beinpartien.
Log des Tachos: 84km, 2240m bergauf, 2850m bergab
Passo di Mortirolo
Den dritten Tag beginnen wir wieder etwas früher, wir wollen heute die gesamte Etappe bis zum Lago d’Isio schaffen. Streckenmäßig eigentlich kein Problem, letzte Hürde ist jedoch der Pass Mortirolo, der auf diversen Radsport Webseiten wie folgt beschrieben wird.
The Mortirolo Pass in Italian, is one of the few climbs in the world that strikes fear even in the hearts of professional riders. The peleton is always nervous when the Giro d’Italia passes through Mortirolo.
Eine schöne Tagesaufgabe… Da uns auch die letzten Tage ein ausgedehntes Frühstück gut voran gebracht hat beginnen wir auch die dritte Etappe mit eben diesem.
Als wir in den Pass einsteigen merken wir schnell den Unterschied zum gestrigen Umbrailpass. Er ist deutlich steiler. Die 1315 Höhenmeter strecken sich nur über 12,8km. Der Pass hat damit eine durchschnittliche Steigung von 11 und eine maximale Steigung von 18 Prozent.
Aber genug der Zahlen, irgendwie müssen wir ja doch hinauf. Also zurück in den ersten Gang und… treten, treten, treten. Schwitzen habe ich noch vergessen, im Laufe des Vormittags wird es unglaublich schwül. Viel mehr gibt es vom Aufstieg auch nicht zu berichten, es zieht sich und der Weg schlängelt sich, steil! neben zahlreichen kleinen Hütten und Höfen entlang. Die Häuser, unter ihnen sogar eine Kirche wurden, wie es scheint, völlig unbeeindruckt von Steilheit und Höhe errichtet.
Doch auch am Passo di Mortirolo werden wir für unsere Schinderei mit einer Einkehr belohnt. Leider aber erst 50m unterhalb des höchsten Punktes. Die eiskalte Cola schmeckt, vielleicht auch gerade deswegen, besonders gut.
Die letzten Meter sind nach der Erfrischung fix überwunden und wir dürfen uns endlich Bezwinger des Mortirolo Passes nennen. Unsere Zeit geben wir hier besser mal nicht preis.
Runter vom Berg, rein ins Wasser
Wie auch gestern folgt nun der pure Genuss, eine Wahnsinns-Abfahrt die selbst nach dem Pass noch mehrere Kilometer bis nach Edolo anhält. Dort gibt es wieder Kohlenhydrate für uns. Am Nachmittag machen wir uns nun unaufhaltsam auf den Weg zum Lago d’Isio, unser letzter Halt vor dem Gardasee.
Die Strecke ist zwar eigentlich einfach, die 60 Kilometer gehen immer leicht bergab, doch wir haben nicht mit dem italienischen Klima gerechnet. Das Thermometer steigt zwischenzeitlich auf 35 Grad Celsius und lässt noch mehr Schweißperlen wandern als die beiden voran gegangen Gipfel.
Aber wir wären ja nicht in Italien wenn wir uns zwischendurch nicht immer mal wieder mit einem Gelato abkühlen und mit Espresso wieder auf Touren bringen könnten.
Erschöpft aber glücklich fahren wir gegen Abend am Ufer des Sees entlang und lassen uns in Marone nieder.
Erst bei reichlich Pizza und Nudeln fällt uns auf, wie gut die italienische Küche doch für solche Langstrecken Radtouren passt.
Der warme Abend wird wie üblich abgeschlossen, und schon mal heimlich auf den Lago di Garda angestoßen.
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