Der zweite Tag in Rjukan beginnt erstmal wieder damit, viel Material zu Sortieren und zu Packen. Etliche Karabiner, Bandschlingen, Expressen, Eisschrauben, Ersatzhandschuhe und zwei Halbseile finden ihren Weg in den Tagesrucksack.
Auskundschaften in Krokan
Nach einem Tipp von zwei Kletterern fahren wir heute ins Gebiet Krokan, hier soll es neben zahlreichen kleinen Routen auch erste Mehrseillängen geben. Voller Motivation stampfen wir durch gefrorenen Schnee zur Einstiegsstelle.
Leider finden wir dort nicht so stabiles Eis vor wie wir erhofft hatten.
Der restliche Vormittag wird zu einer Erkundungstour durch die beeindruckende Eislandschaft. Wir sehen und den Rjukanfossen, einen gigantischen 104m hohen Wasserfall, der in die riesige Schlucht mündet an. Kletterbares Eis finden wir jedoch keines.
Mittags machen wir noch einen kurzen Abstecher zum Museum von Rjukan. Die Stadt mit 3400 Einwohnern hat auch eine geschichtliche Bedeutung. Im 2. Weltkrieg wurde hier Deuterium, welches für die Anreicherung von Uran benötigt wird hergestellt. Das sogenannte „Heavy Water“.
Um wenigstens noch etwas aktiv zu werden, gehe ich noch eine kurze Runde Laufen, bevor wir den Tag ruhig beenden.
Bergsteigen am Gaustatoppen
An unserem dritten Tag in Norwegen wollen wir auf den Gaustatoppen, den mit 1883m höchsten Berg der Region Telemark. Von ihm aus erhoffen wir ins einen weiten Blick.
Da uns der Normalweg etwas zu kurz erscheint, wollen wir uns eine Route durch die Nordseite des Berges suchen. Hier haben wir bei unserem letzten Besuch bereits ein paar gute Schneerinnen entdeckt, in denen wir aufgrund der niedrigen Temperaturen von -10 Grad am Berg guten Firn erwarten.
Gegen 10 Uhr starten wir am Parkplatz in Richtung Gipfel.
Nach einer halben Stunde Anstieg erreichen wir die angepeilte Rinne und finden, wie erhofft, perfekten Firn vor. Also ab in die Steigeisen und die Höhenmeter schwinden nur so vor sich hin.
Fast im gesamten östlichen Teil der Nordwand finden wir gutes Gehgelände mit 40-50 Grad Hangneigung vor, das Seil bleibt im Rucksack. Auch das Wetter spielt gut mit, wir haben wolkenlosen Himmel. Einzig der starke Wind macht uns zu schaffen. Bereits im Tal hatten wir Windgeschwindigkeiten von 30 km/h. Hier oben pfeift es uns nun so richtig um die Ohren.
Als ich mich mitten in der Wand bücke, um ein Steigeisen nochmal fest zu ziehen sehe ich im Augenwinkel noch, wie sich meine Thermoskanne aus der Seitentasche meines Rucksacks verabschiedet und rasant das Schneefeld hinab saust. Nix mehr zu machen. Kurz amüsiert mich der Gedanke das es ausgerechnet die Flasche der Marke Neverlost war und wir steigen weiter.
Ca. 200 Höhenmeter unter dem Gipfel queren wir in den Ostgrad. Hier gehen die Windböhen so richtig durch und es weht uns fast aus dem Stand.
Windiger Gipfelsturm
Doch Steigeisen und Pickel finden festen Halt im vereisten Schnee und in den ersten Sonnenstrahlen seit Tagen überwinden wir die letzten Meter zum Gipfel. Dort angekommen genießen wir kurz die gigantische Sicht, ein Sechstel von ganz Norwegen ist von hier oben zu überblicken, bevor wir auf allen Vieren zum Winterraum der Hütte gehen. Der Wind ist fast unerträglich. So haben wir einen knapp unter 2000m hohen Berg auch noch nicht erlebt.
Den letzten Grat zum Gipfelkreuz lassen wir aufgrund der starken Winde heute aus.
Im Biwakraum wärmen wir uns kurz auf und genießen die mitgebrachte Schokolade. Eine halbe Stunde später trifft auch der Rest der Truppe ein und Heiko überreicht mir stolz die verlorene Thermoskanne. „Lag an einem Felsen rum.“ sagte er nur kurz.
Nach einigen weiteren obligatorischen Gipfelbildern ging es zügig an den Abstieg über die Normalroute. Der Weg führte über den östlichen Grat bis ins flachere Gelände. Geniale Aussichten inklusive.
Auf den letzten Metern versuchte sich Felix dann noch am Ice bouldering in der Horizontalen. „Extreme“.
Mit dem Auto ging es zügig zurück zur Unterkunft und zum verspäteten Gipfelschnaps. Ein genialer Bergtag auf dem Gaustatoppen.
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