Wochenende. Für Innsbruck sind schon wieder über 30 Grad angekündigt. Wir möchten zum Bergsteigen, aber bei solchen Temperaturen? Eine Mehrseillänge im Sportklettergarten würde uns vermutlich rösten. Ein Freund bringt mich auf die Idee Schwarzenstein. Schnee und Eis über 3300 Meter? Das klingt doch genau richtig…
Am Samstag kaufen wir noch eine Jause ein und fahren ins Zillertal. An Fügen, Mayrhofen und Finkenberg vorbei geht es bis hinter Ginzling. Dort am Gasthof Breitlahner findet sich unser Ausgangspunkt. Die nächsten 45 Kilometer werden wir zu Fuß zurück legen.
Der Weg am Ende vom Tal ist lang. Nur sehr gemächlich und vorbei an drei Almen steigt er durch den Zillergrund an. Macht uns anfänglich noch die Hitze zu schaffen, wird es je näher wir an die 2000m Grenze kommen immer angenehmer.
Am frühen Nachmittag genießen wir auf der Berliner Hütte, von den kühlen Bergbächen mal abgesehen, die erste Erfrischung. Die Hütte liegt auf 2070 Meter und ist auf ihre ganz eigene Art beeindruckend. Nicht nur ist es die erste Alpenhütte die unter Denkmalschutz steht, sie ist für eine Unterkunft in dieser Höhe auch ungewöhnlich geräumig.
Fast 200 Schlafplätze finden sich in den drei, mittlerweile verbundenen Gebäuden. Trotzdem hat die Hütte einen ganz eigenen Charme. Der fünf Meter hohe hölzerne Speisesaal wirkt majestätisch.
Da vor dem Abendessen noch viel Zeit ist, machen wir uns zum Schwarzensee auf. Zum Gletschersee sind es nochmals etwa 400 Höhenmeter im Aufstieg. Da der Weg nun steiler wird, kommt die Abkühlung gerade recht. Doch am Ende wagt es nur Basti in das eiskalte Wasser. Im hinteren Teil ist der See sogar noch gefroren.
Am Abend zeigt sich leider die Anonymität der Hütte. Getränke und Essen werden im „Kantinen-Stil“ bestellt. Viele Gespräche über Touren und Berge kommen leider nicht wie gewohnt zustande. Dafür lässt uns die Hütte aber was das Essen angeht, mit einer Bergsteiger-tauglichen Portion Nudeln nicht im Stich. Auch lassen wir natürlich den hochprozentigen Nachtisch nicht aus, bevor wir uns ins Matratzenlager verziehen.
Da die Wetteraussichten für den Gipfeltag am Schwarzenstein eher wechselhaft sind, frühstücken wir gleich um 06:00 Uhr. Für den Nachmittag sind Regen und Gewitter angekündigt, je früher wir also vom Gletscher wieder zurück sind, desto besser. Gemeinsam mit zwei anderen Gruppe machen wir uns auf den Weg Richtung Alpenhauptkamm.
Die ersten Kilometer sind identisch mit dem gestrigen Weg zum See, dann zweigt er ab und nach nochmals 400 Höhenmetern erreichen wir die Vegetationsgrenze. Die nächsten Kilometer geht es vergleichsweise mühsam über großes Geröll. Jahre zuvor verlief hier noch der Gletscher, doch jährlich zieht sich dieser zurück. Seit 1850 wird von der Berliner Hütte aus der Rückgang sehr genau dokumentiert.
Auf fast 3000 Metern dürfen wir dann doch endlich die Rucksäcke ablegen, die Steigeisen an den Füßen weitertransportieren und unser Seil übers Eis schleifen.
Da ich mit Basti im Falle einer Spaltenbergung am effektivsten bin, muss Sarah von nun an voraus gehen. Die Wegfindung über den Gletscher ist sie zwar bereits vom Dachstein gewohnt, der sulzige Schnee macht die Spurarbeit jedoch mühsam. Tapfer kämpft sie sich auf den Rücken des Gletschers, von dem aus Basti übernimmt.
Das Wetter ist sich noch uneinig. Immer wieder versinken wir in den Wolken und finden uns nur Minuten später im Sonnenschein wieder.
Auf die letzten Kilometer werden wir spürbar langsamer. Die Beine sind nach fast 25 Kilometern müde und auch die Höhenluft macht sich leicht bemerkbar. Ca. 100 Meter vor dem Gipfel legen wir die eisernen Hilfsmittel ab und kraxeln über große Felsbrocken zum Gipfelkreuz.
Noch spielt das Wetter mit und wir können unsere Gipfel-Jause am Schwarzenstein bei schönstem Sonnenschein und einem beeindruckenden Panorama auf die Südtiroler Seite der Alpen werfen.
Bergkäse verzehrt und Gipfelselfie abgehakt, geht es auch gleich wieder auf den Rückweg. Den hohen Wolken ist nicht zu trauen und wir wollen schnellst möglich wieder vom Gletscher absteigen.
Kaum haben wir uns für den Rückweg angeseilt, verlässt uns auch schon das Glück. Der anfängliche Regen wird zu Hagel. Doch die Brotzeit scheint bei Sarah neue Energien freigesetzt zu haben. Entweder das oder die Abneigung gegen den Regen lässt sie regelrecht über den Gletscher rennen. Basti und ich stolpern am Seil hinterher und versuchen Schritt zu halten.
Gerade einmal eine halbe Stunde später sind wir wieder an der Randkluft und auch der Regen hat wieder aufgegeben.
Von nun an wird es ein langer Hatscher ins Tal. Die Berliner Hütte stärkt uns nochmal mit einer Suppn‘, doch der Weg zieht sich am Ende endlos.
Umso größer die Freude, als wir auf dem letzten Kilometer eine Seilschaft vom Gletscher auf der Klausenalm wieder treffen. Noch ein letztes Radler zur Stärkung, dann können sich die müden Beine wieder erholen.
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