Virginia is for lovers!
Mit diesem Slogan wirbt der amerikanische Staat an der Ostküste seit fast 50 Jahren für Tourismus. Einer der Erklärungsversuche stützt sich auf die unterschiedliche Auslegbarkeit des Spruchs.
Ich hatte in den ersten Wochen hier erstmal meine Schwierigkeiten. Je weiter man von Washington DC weg fährt, desto ländlicher wird es. Zwei Stunden westwärts von der Hauptstadt finden sich große Anwesen und die Städte werden immer weitläufiger.
Wenig zu entdecken, wäre da nicht eine fast unberührte Natur die es in Virginia noch zu erkunden gibt.
Einer meiner ersten Ausflüge geht nach Harpers Ferry. Die kleine Stadt liegt genau am Zusammenfluss zweier Flüsse und bietet neben einer alten Eisenbahnkulisse auch noch die Marlyland Heights. In dem kleinen historischen Nationalpark gibt es vor allem eine tolle Aussicht auf die Stadt, aber auch zahlreiche historische Stätten aus der Zeit des Bürgerkriegs zu sehen.
Zu einem meiner Lieblingsorte der Gegend wird nach kurzer Zeit das Naturschutzgebiet um Great Falls. Da es so ziemlich in der Mitte zwischen Leesburg und Washington DC liegt, ist der Park in einer halben Autostunde auch noch gut nach der Arbeit zu erreichen.
Neben den Touristen die direkt zum Hauptfall fahren bietet der Park vor allem geniale Trails entlang des Potomac Flusses und eine fantastische Kulisse für Kayakfahrer. Mangels Boot und Erfahrung in solchen Strömungen wähle ich die Trails und laufe sowohl bei Neuschnee als auch 25° und Sonnenschein auf und ab.
Mit über 800 km² hat der Shenandoah Nationalpark in Virgina Flächenmäßig deutlich am meisten zu bieten. Er beginnt im Westen auf Höhe von Washington DC und erstreckt sich bis in den Süden hinein in die Blue Ridge Mountains.
Die 800 Kilometer an Trails lassen sich in meinen knapp über zwei Monaten natürlich nicht ansatzweise alle erkunden. Um trotzdem etwas mehr Strecke als beim Wandern zu sehen, entscheide ich mich auch hier wieder fürs Trailrunning.
Mitten über das Hochland führt der Shenandoah Skyline Drive, eine gut ausgebaute Straße. Sie dient auch jeweils aus Ausgangspunkt für meine Läufe zum Compton Peak, Lands Run Falls und Hawksbilll Mountain. Immerhin 1230 Höhenmeter hat der höchste Punkt des Parks zu bieten.
Etwas über 135 Trainingskilometer lege ich im März, knapp 100 im April laufend zurück. Eine gute Vorbereitung auf die North Face Endurance Challange, für die ich mich Ende April angemeldet habe. Die Serie an Läufen findet an fünf Standorten in den USA statt und bietet verschiedene Distanzen zwischen fünf und 80 Kilometern an. Ich entscheide mich für den Mittelweg, der Trailmarathon soll es sein.
42 Kilometer bin ich bereits vor einem Jahr in Leipzig an einem Stück gelaufen, die Trails am Potomac River, dem Austragungsort, kenne ich mittlerweile auch recht gut. Es gilt also, diese beiden Erfahrungen zusammen zu bringen. Der aufregendste Teil ist sicherlich der Tag vor dem Lauf, alleine mit der Ungewissheit. Einmal gestartet, sind die Gedanken nur noch auf der Strecke.
An einem Samstag stehe ich also um neun Uhr morgens mit 180 weiteren Teilnehmern an der Startlinie und bin ich sichtlich erleichtert, als endlich der Startschuss fällt.
Doch bereits auf den ersten Kilometern bekomme ich deutlich zu spüren, dass mein angepeiltes Tempo auf der Strecke nicht umzusetzen sein wird. Es geht direkt in eine triefend nasse Wiese. Zwar ist der Weg durch den Golfplatz, vorbei am amerikanischen Präsidenten (ja er hat wirklich zu dieser Zeit auf dem Algonkian Golf Course gespielt), einfacher, doch noch vor Kilometer zehn geht die Schlammschlacht so richtig los.
Nun heißt es also, das Tempo drosseln und vor allem bei den steilen Anstiegen nicht übertreiben. Ich orientiere mich an einem Konkurrenten, der mich in einem gleichmäßigen Pace bis zum Umkehrpunkt bringt. Mitten zwischen den Touristen im Great Falls Nationalpark schnappe ich mir ein paar Becher Cola und ein paar Orangenscheiben, bevor es an den 21 Kilometer Rückweg geht.
Der kleine Energie Nachschub bringt mich recht gut bis zur 28 Kilometer Marke. Es folgt der übliche Einbruch. Die Kohlenhydrat-Reserven gehen zu neige und der Körper beginnt die Fettverbrennung, die deutlich mehr Sauerstoff benötigt.
Das Feld an Läufern hat sich ebenfalls ausgedünnt und somit muss ich noch genauer auf ein gleichmäßiges Tempo achten. Mit Willenskraft und einigen weiteren Bechern Cola überwinde ich auch noch die letzten Kilometer.
Am Ende reicht es für eine Zeit von 04:02:37 und den 13. Platz. Ich kann zufrieden sein und mich mit einer extra großen Pizza an die Regeneration machen.
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